Stadtpfarrkirche Mariae Himmelfahrt

Gegen Ende des 12. Jahrhunderts wurde im Jahr 1176 erstmals als Markt genannten Ort eine zweite, der Jungfrau Maria geweihte Kirche errichtet. Diese romanische Kirche wurde im 14. Jahrhundert durch eine gotische dreischiffige Hallenkirche mit niedrigerem Chor ersetzt.

Im 1573 nach einem Blitzschlag umgestalteten Turm hingen vier Glocken. Diese Glocken wurden 1831 abgenommen und teils zum Umschmelzen nach München gebracht. Die größte Glocke, die ca. 1280 kg wog, wurde 1414, wie die Inschrift „Joannes † Marcus † Lucas † Matheus † anno Domini MCCCC anno XIIII Maister Oot“ berichtete, von einem nicht näher bekannten Meister Oot gegossen. Die andere, ca. 985 kg schwere Glocke goss man 1432. Sie trug die Inschrift: „anno Domini † MCCCC † XXXII † Osanna † Crux † est signum † Sacrum † et repa † rerum“ (Im Jahr des Herrn 1432 † Hosanna † Das Kreuz ist ein heiliges Zeichen und ein Heilmittel aller Dinge.). Die dritte Glocke mit einem Gewicht von ca. 144 kg trug keine Inschrift, so dass man ihre Entstehungszeit nicht mehr nachvollziehen kann. Stadtpfarrer Sedlmayr mutmaßte, dass sie, da sie den beiden anderen Glocken sehr ähnlich sah, etwa zur gleichen Zeit entstanden war. Bei der vierten, 114 kg schweren Glocke handelte es sich um die 1778 von Bürgermeister Mathias Landsberger gestiftete, sog. „Sterb-Glocke“. Sie kam, weil sie „ihr reiner Ton und ihre Brauchbarkeit von der Schmelze“ rettete, nach Unterdießen.

Darüber hinaus befand sich im Dachreiter der Westfassade das sog. „Zügenglöcklein“, das geläutete wurde, wenn sich der Priester mit den Sterbesakramenten zu einem in den letzten Zügen liegenden aufmachte. Das 1714 gegossene Zügenglöcklein war Jesus, Maria, Joseph und St. Benno geweiht.

1831: Fünf neue Glocken

Stadtpfarrer Johann Augustin Sedlmayr ließ zum Gedenken an die Zweihundertjahrfeier der Weihe der Stadtpfarrkirche Mariae Himmelfahrt beim Münchner Glockengießer Nikolaus Regnault fünf neue Glocken gießen. Sie wurden noch an der Gussstätte von Franz Ignatz von Streber, Weihbischof von München und Freising, geweiht. Auf allen Glocken befand sich zur Erinnerung an den Gießer die Inschrift „NICOLAUS REGNAULT  AUS MÜNCHEN. 1831.“

Die erste Glocke mit einem Gewicht von 1.932 kg war der Jungfrau Maria als Stadt- und Kirchenpatronin geweiht. Sie trug die Inschrift: „DIE STADTGEMEINDE WEILHEIM ZUR 200JÄHRIGEN JUBELFEYER DER EINWEIHUNG DER KIRCHE 1631. DANKBAR GEWEIHT 1831.“ und mehrere Reliefs, nämlich Christus am Kreuz mit Maria und Johannes, die Gottesmutter mit zwei Engeln und ein Gewitter über einem Kornfeld samt zwei Heiligen. Bei diesen handelte es sich um die Wetterheiligen Johannes und Paulus.

Die zweite Glocke, gestiftet vom Bierbrauer Martin Hipper, 1.540 kg schwer, wurde in Ehre des Hl. Martin sowie der Heiligen Apostel Philipp und Jakob geweiht und bekam die Inschrift „LIEBET DIE BRÜDER, FÜRCHTET GOTT, EHRET DEN KÖNIG. I. PETR. 2, 17.“ Die Reliefs zeigten ein Kruzifix, die Evangelistensymbole sowie die Heiligen Sebastian und Martin.

Die dritte Glocke, die zur Ehre des Hl. Augustinus, des Namenspatrons von Stadtpfarrer Sedlmayr geweiht wurde, hatte ein Gewicht von 756 kg. Auf ihr war folgende Inschrift „FRIEDE SEY MIT EUCH. LUKAS. 24, 6.“ Die Reliefs zeigten die Heiligen Augustinus und Johannes.

Als Sterbeglocke diente die vierte, 621 kg schwere Glocke. Sie wurde zur Ehre des Hl. Joseph, des Sterbepatrons, der auch der Namenspatron des damaligen Bürgermeisters und Apothekers Joseph Klieber war, geweiht. Die Inschrift lautete: „VOM SIEGER IST DER TOD VERSCHLUNGEN. I. COR. 15, 54.“ Die Reliefs zeigten ein Kruzifix, die Unbefleckt empfangene Jungfrau und Gottesmutter Maria und den Hl. Joseph.

Die fünfte und kleinste Glocke wog 364 kg und erhielt als Patron den Hl. Franz Xaver, Namenspatron des damaligen Stiftungsverwalters Vötterl und des Buchbinders Neuner, die das Unternehmen tatkräftig unterstützt hatten. Auf dieser Glocke, die als Messglocke Verwendung fand, war zu lesen: „SEYD STANDHAFT IM GEBETHE. ROM. 12, 12.“ Eine Darstellung des Todes des Hl. Franz Xaver auf der Insel Shangchuan Dao sowie der Gottesmutter mit dem Christusknaben und ein Kruzifix dienten als Glockenzier.

Waffenmaterial für den ersten Weltkrieg

Am Vorabend des Kirchweihfestes 1831 erhoben sie das erste Mal zusammen ihre Stimmen und begleiteten von da an die Weilheimer bis zum Jahr 1917 in Freud und Leid. Dann mussten vier der fünf Glocken im Kirchturm sowie die im Dachreiter der Westfassade hängende, 50 kg schwere Zügenglocke dem Wahnsinn des Krieges geopfert werden. Nur die größte Glocke, die Marien- oder Jubiläumsglocke, durfte im Turm bleiben. Ihre vier Schwestern, die gegossen worden waren, um vom Frieden Gottes zu künden, endeten als Waffenmaterial.

Nach dem I. Weltkrieg drängte es die Pfarrei nach neuen Glocken, und so wurde unter Stadtpfarrer Dr. Johann Baptist Damrich das Geläut durch den Weilheimer Glockengießer Hans Kennerknecht wieder komplettiert.

Den Gefallen zur Ehre

Zur erhalten geblieben Marienglocke traten vier neue Glocken, deren größte 850 kg schwer war und den Ton Fes erhielt. Sie erinnerte an die Gefallenen des I. Weltkriegs. Dies verdeutlichte nicht nur die Inschrift „DIE STADT WEILHEIM IHREN IM WELTKRIEG 1914 – 1918 GEFALLENEN SOEHNEN ZUM GEDAECHTNIS. UNTER STADTPFARRER DR. DAMRICH GOß UNS HANS KENNERKNECHT WEILHEIM“, sondern auch die Glockenkrone, die aus vier Kriegerköpfen mit Stahlhelmen gebildet wurde. Als weiterer Glockenschmuck dienten das Stadtwappen und ein Bild der Muttergottes. Die dritte Glocke, 425 kg schwer und auf As gestimmt, trug als Bildschmuck ein Relief des Heiligsten Herzens Jesu und verdeutlichte durch ihre Inschrift „FRIEDE SEI MIT EUCH. L 24, 36. IN SCHWERER ZEIT GESTIFTET VON DER GESAMT-BUERGERSCHAFT WEILHEIMS!“ den nach langen Jahren des Krieges und des wirtschaftlichen Niedergangs sich sehnsuchtsvoll aus den Herzen drängenden Wunsch nach Frieden und Wohlergehen.

Als Sterbeglocke diente die vierte, 300 kg schwere und auf B gestimmte Glocke. Sie zierte ein Relief des als Sterbepatron verehrten Hl. Joseph und die Inschrift „HERR GIB IHNEN DIE EWIGE RUHE!“. Die kleinste Glocke mit dem Ton C wies ein Gewicht von 225 kg auf und zeigte neben der Inschrift „SEID STANDHAFT IM GEBET! ROEM 12, 12“ ein Kruzifix.

Gerade einmal 19 Jahre sangen die 1923 gegossenen Glocken ihr erbauliches Lied über die Straßen und Gassen der alten Stadt, denn 1942 mussten sie erneut zu Kriegszwecken abgeliefert werden.

Zum zweiten Mal Kriegsopfer

Als die Schrecken des II. Weltkriegs vorüber waren, hielten die Weilheimer Ausschau nach ihren alten Glocken. Ihnen war leider nicht das Glück wie vielen anderen ihrer erzenen Schwestern zuteil geworden, der Einschmelzung zu entgehen.  Auf dem Glockenfriedhof in Hamburg fand sich von ihnen keine Spur. So machte sich die Pfarrgemeinde unter Stadtpfarrer Alois Braunmiller daran, ein neues Geläute zu schaffen. Da Bronzeglocken auf Grund des herrschenden Materialmangels nicht zu bekommen waren, verlegte man sich auf Stahlglocken, die man beim Bochumer Verein bestellte. Am 3. August 1947 konnte der Stadtpfarrer auf dem Marienplatz schließlich fünf, durch Spenden der Stadt Weilheim und der Bürger finanzierte neue Glocken weihen. Außer den Inschriften zeigten sie, ganz Kinder ihrer Zeit, keinerlei Bildschmuck.

Die größte wurde in guter Tradition wieder Maria als der Stadt- und Kirchenpatronin geweiht. Sie wiegt 2.250 kg und ist auf den Ton C gestimmt. Auf der Vorderseite steht „AVE MARIA, SCHUTZHERRIN WEILHEIMS“ und auf der Rückseite „STADTPFARRER BRAUMILLER“ (sic!).

Die zweite Glocke erinnerte erneut an die auf den Schlachtfeldern des Krieges Gefallenen. Auf der Glocke mit dem Ton E, die 1.150 kg wiegt, ist zu lesen „DEN GEFALLENEN SÖHNEN WEILHEIMS.“

Als Friedensglocke diente die dritte, 680 kg schwere und auf den Ton G gestimmte Glocke. Wie bei ihrer Vorgängerin drückt auch hier die Inschrift die Sehnsucht nach dem Frieden aus: „GIB UNSERER STADT, O HERR, JENEN FRIEDEN, DEN NUR DU GEBEN KANNST!“.

460 kg wiegt die vierte Glocke, die auf A gestimmt ist. Sie diente, wie die Inschrift „ICH RUF´ DIE STUND´ ZUM BETEN, HERR, GIB UNS DEINEN SEGEN“ verdeutlichte, als Gebetsglocke.

Die fünfte und kleinste Glocke hat ein Gewicht von 290 kg und den Ton C. Ihre Inschrift „GEDENKET DER ARMEN SEELEN IM GEBETE!“ erinnert an alle Verstorbenen.

Neuguss im Jahr 2004

Damals hoffte man, dass die Glocken „manche Jahrhunderte ihr erbauliches Lied über die Stadt singen“. Diese Hoffnung erfüllte sich jedoch nicht. Denn im Zuge der Renovierungsmaßnahmen der Stadtpfarrkirche zeigte sich, dass der Glockenstuhl aus Stahl sowie die Schwingung der Glocken zum desolaten Bauzustand der Kirche beitrugen. Daher entschloss sich die Kirchenverwaltung unter Stadtpfarrer Hans Appel, ein neues Geläut samt einem aus Lärchenholz errichteten Glockenstuhl in Auftrag zu geben. In der traditionsreichen Innsbrucker Glockengießerei Grassmayr wurden am 25. Juni 2004 sechs neue Glocken für Mariae Himmelfahrt gegossen. Am 3. Oktober 2004 erhielten sie von Stadtpfarrer Appel die kirchliche Weihe und erklangen das erste Mal am Vorabend des Kirchweihfestes, am 16. Oktober.


Bilder aus dem Glockenturm von Mariae Himmelfahrt – 6.11.2015


Die größte, 2.890 kg schwere und auf h/0 gestimmte Glocke wurde in alter Tradition erneut der Stadt- und Kirchenpatronin Maria geweiht, worauf auch die Inschrift „PATRONIN · VOLLER · GÜTE · UNS · ALLEZEIT · BEHÜTE“ verweist. Sie zeigt auf der Vorderseite in Relief die auf der Mariensäule stehende Muttergottes von Ignaz Degler und in Erinnerung daran, dass die Bürgerschaft und die Vereine Weilheims die Kosten der Glocke übernahmen, auf der Rückseite die Westseite des Marienplatzes.

Die zweite Glocke, die Herz-Jesu-Glocke, die als Gebetsglocke dient und dreimal am Tag im „Engel des Herrn“ an die Menschwerdung des Erlösers erinnert, hat die Stimmung cis/1 und wiegt 1.850 kg. Die von der Winfried und Centa Böhm-Stiftung gestiftete Glocke ziert eine Darstellung des als Gnadenbild verehrten Lebensbaumes in der Stadtpfarrkirche und die Inschrift „LAUDO · VOCO · ET · CONGREGO / PLORO · FUGO · ET · DECORO“ (Ich lobe, ich rufe und ich versammle. Ich beweine, ich vertreibe und ich ziere.)

Als „Auferstehungsglocke“ wird die dritte, auf den Ton e/1 gestimmte und 1.400 kg schwere Glocke bezeichnet. Auf der Glocke, die von der Raiffeisenbank Weilheim gestiftet wurde, ist ein Relief des Auferstandenen zu sehen. Die Inschrift „IN · CHRISTO ·  JESU ·  UNSEREM ·  HERRN ·  WOLLEN ·  WIR · LEBEN ·  UND ·  STERBEN ·  GERN“ greift ein Zitat des Weilheimer Malers Elias Greither d. Ä. († 1646) auf.

Die von der Jubiläumsstiftung der Vereinigten Sparkassen im Landkreis Weilheim gestiftete vierte Glocke, die sog. Friedensglocke hat ein Gewicht von 550 kg und den Ton gis/1. Sie ist in Erinnerung an das einstige Weilheimer Franziskanerkloster und dem aus dem Franziskanerorden stammenden vierten Stadtpatron, den Hl. Antonius von Padua, dem Hl. Franziskus von Assisi, dessen Bild sie in Relief ziert, geweiht. Die Inschrift „PAX · ET · BONUM“ (Frieden und Heil), womit der Heilige Franz seine Briefe schloss, spiegelt die ewig gleiche Sehnsucht nach Frieden wieder.

An den seligen Pater Rupert Mayer SJ, den unerschrockenen Prediger gegen das NS-Regime, erinnert die von der Familie Lipp gestiftete fünfte Glocke, die 380 kg wiegt und auf den Ton h/1 gestimmt ist. Neben dem Bild des Seligen, der mehrere Male auch in Weilheim gepredigt hat, ziert sie die Inschrift „ICH · KANN · NICHT · SCHWEIGEN“.

Die kleinste Glocke des Geläuts, gestiftet von den damaligen Mitgliedern der Kirchenverwaltung von Mariae Himmelfahrt, wiegt gerade einmal 33 kg. Sie, die auf fis/3 gestimmt ist, erinnert an den zweiten Patron der Stadtpfarrkirche, den Hl. Bischof Benno von Meißen. Das Attribut des Heiligen, ein Fisch mit dem Meißner Domschlüssel und die Inschrift „EUER · HERZ · SEI · OHNE · ANGST“ zieren die Glocke.

Alle Glocken zeigen außerdem am oberen Rand das von Weilheim aus sichtbare Alpenpanorama. Es erinnert daran, dass Weilheim einst als „vor dem Gebirg gelegen“ bezeichnet wurde. In der Mitte dieses umlaufenden Bandes befindet sich eine Kartusche, die den Abtstab des Wessobrunner Abtes Beda Schallhammer zeigt. Dies erinnert daran, dass die Stadtpfarrei von 1244 bis 1803 dem Benediktinerkloster Wessobrunn inkorporiert war und dass Weilheim zudem der Mittelpunkt des Pfaffenwinkels ist.

Joachim Heberlein